Viele Diskussionen, Petitionen, Stammtischgespräche – was ist passiert:
Nach anfänglicher Verwirrung, welche der unterschiedlichen Onlinepetitionen hilfreich ist, haben immerhin ca. 55.000 vermeintlich legale Waffenbesitzer bei einer der Onlinepetition auf dem Portal des Deutschen Bundestages abgestimmt. Bedenkt man, dass das Gesetz nicht nur den Umgang mit Schusswaffen regeln soll, dann ist das ein relativ armes Bild, welches nicht nur wir Sportler von uns geben.
Liegt es an der eigenen Faulheit oder ist es nur die Hilflosigkeit gegenüber unseren politischen Vertretern in Berlin?
Jedenfalls scheint der größte Schießsportverband sich nach der heutigen Abstimmung im Bundestag noch kein Urteil über das Ergebnis erlauben zu wollen. Vielmehr versucht er über die Welle der Petitionen noch Mitstreiter für die Förderung der Leistungssportler über die Bundeswehr zu finden.
Die anderen Verbände zeigen sich der Basis näher und man findet im Netz Stellungnahmen z.B. von DJV, BDS und DSU. Auch die Printmedien sind schneller zur Stelle: all4shooters.
Dass der BDMP davon berichtet, dass der Bundestag schon am 12.12. abgestimmt hat, zeigt einmal mehr, wie groß die Emotionen bei diesem Thema sind. Hier liegt mit Sicherheit ein Druckfehler vor, denn am heutigen Tag (13.12.2019) ist im Plenarsaal des Bundestages folgendes passiert:
Eine stichpunktartige Zusammenfassung der Abgeordneten in chronologischer Reihenfolge, falls die eingebetteten Videos gelöscht werden sollten. Oder für diejenigen, die Scripte in Ihrem Browser nicht erlauben.
Marc Henrichmann, CDU/CSU:
Bedankt sich bei den Verbänden für die Mithilfe. Begrenzung der Waffen auf gelbe WBK, Entwaffnung von Reichsbürgern. Gute, tolle Lösung, mit der alle beteiligten leben können. Magazin-Frage: Ausnahmegenehmigungen können über das BMI/BKA beantragt. Kleinste Kaliber bei der Anmeldung, Schalldämpfer bundeseinheitlich gelöst. In Ausnahmefällen kann ein Sachverständiger die Person aufs Amt zitieren. Verfassungsschutzabfrage. Mit Antragstellung wird eine Anfrage beim Verfassungsschutz gestellt. Verbotszonen dürfen von legalen Waffenbesitzern betreten werden. Freigabe von Nachtzieltechnik an Bedingungen geknüpft. Die Fraktion der CDU/CSU wird dem Gesetz zustimmen.
Martin Hess, AfD:
Verschärfung des Waffengesetzes lässt sich als reiner, politischer Aktivismus statt Sicherheitsgewinn zusammenfassen. Gewaltverbrecher und Terroristen halten sich nicht an Gesetze. Gegen alle Stimmen aus den Fachverbänden halten die anderen Fraktionen an den Änderungen der Magazinkapazitäten fest und tragen damit zu erheblichen bürokratischem Mehraufwand bei, erhöhen die Kosten und kriminalisieren unbescholtene Bürger. Er sieht darin eine ideologische statt Vernunft-betriebene Gesetzesänderung. Sportschützen und Jäger gehören schon jetzt zu den am stärksten kontrollierten Bürger, welche Zunehmens verunglimpft werden. Die Regelabfrage beim Verfassungsschutz ist unnötig, da Erkenntnisse über Extremisten schon jetzt an die Behörden weitergeleitet werden. Die Waffenrechtsänderung macht klar, die regierenden Parteien kriminalisieren unbescholtenen Bürger, statt die tatsächliche Ursachen der Messer-Kriminalität zu benennen. Verbotszonen bringen keinen Sicherheitsgewinn, da es zudem an Personal mangelt, diese Zonen durchzusetzen.
Helge Lindh, SPD:
Waffenverbotszonen an Schulen sind sinnvoll und keine Einschränkung unbescholtener Bürger. Wer Waffen-benutzende Ausländer und Flüchtlinge abschieben will, der legt damit Großteile der deutschen Gastronomie lahm.
Prepper, Reichsbürger und sonstige verfassungsfeindliche Bürger sollen keine Waffen bekommen. Man will die Schützinnen und Schützen nicht instrumentalisieren, sondern agieren. Ohne konsequenter Waffenkontrolle spielen man mit menschlichem Leben. Bataclan, Fall Amri, Halle, diverse Amokläufe, rechtfertigen die Kontrolle rechtschaffener Bürger in deren Sinne. Bedankt sich für die Zusammenarbeit der Koalition und der demokratischen Parteien für die Zusammenarbeit. Am Ende hat die Qualität der Argumente gesiegt und nicht die Fülle der Einwendungen. Es gibt keinen Gegensatz von Sicherheit und Freiheit. Das Waffengesetz ist nun so rechtssicher und praktikabel wie noch nie. Richtig und sinnvoll ist eine Regelabfrage mit Nachbeweispflicht. Entwaffnung und Bestrafung von Verfassungsfeinde.
Konstantin Kuhle, FPD:
Hat auch viele Briefe von Betroffenen bekommen und sieht das nicht so despektierlich wie die Koalitionspartner. Der Entwurf der Waffenrechtsänderung ist mit über einem Jahr Verspätung vorgelegt worden und ist mit einer Verschärfung weit über das Ziel der EU-Richtlinie hinausgeschossen.
Die zweite Vorlage ist deutlich abgeschwächt, was die Bedürfnisprüfung angeht, nicht jedoch was die Magazine angeht. Ein Wunsch nach Ausnahmegenehmigungen des BKA ist nicht klar genug. Dadurch wird der Schießsport ins Ausland verschoben und es ergibt sich rechtliche Unsicherheit für Sportschützen. Die Forderung Extremisten Waffen nicht zugänglich zu machen ist sinnvoll. Die Regelüberprüfung ist ein Generalverdacht, Alternativen wurden nicht beachtet und geltendes Recht nicht ausreichend angewandt. Waffenverbotszonen könnten zukünftig zu einer massiven Ausdehnung von anlasslosen Personenkontrollen führen.
Martina Renner, Die Linke:
Die Linke steht für weniger Waffen und mehr Sicherheit. Legale Waffen, die nicht im Umlauf sind, begehen keine Verbrechen. Sie sieht die Schärfung des kaum verständlichen Waffenrechts kritisch. Vor dem alarmierendem Missstand, legale Waffen in den Händen von Rechtsextremen, schützt die Regelanfrage beim Inlandsgeheimdienst nicht. Dieser legt selbst fest, welcher Nazi seine Waffen behalten darf und welcher nicht. Sie (Die Linke) werden sich beim Gesetzesentwurf enthalten.
Dr. Irene Mihalic, B90/Grüne:
Empfindet das Waffenrecht als kompliziert. Eine nicht unerhebliche Zahl stirbt durch legale Schusswaffen. Angst vor legaler Bewaffnung in der rechten Szene.
Mario Mieruch, fraktionslos:
Spricht von umgekehrter Bürokratieabbau: Es reicht nicht die EU-Richtlinie umzusetzen. Deutschland sieht auch hier ein Verkomplizieren vor. Rechte und Pflichten von Gesetzestreuen sind direkt von Gesetzlosen abhängig. Steht in Zukunft jeder Pfadfinder mit einem Bein im Gefängnis? Für Terroristen und Amokläufer ändert sich nach der Verschärfung nichts.
Andrea Lindholz, CDU/CSU:
Beschäftigt sich seit 2016 mit der Waffenrechtsreform. Islamistische Täter haben in diesen Jahren europäische Schreckschusswaffen aus Osteuropa zu scharfe Waffen umgebaut. Europa war gezwungen gemeinsame und verlässliche Standards zu schaffen. Diese Umsetzung wird zwei Millionen legale Waffenbesitzer nicht unter Generalverdacht stellen. Ihre Partei hat im Vorfeld schon die medizinisch psychologische Prüfung und die zeitliche begrenzte Waffenerlaubnis verhindert. Sie bedankt sich für die Zusammenarbeit der Fachverbände und konstruktive Kritik über Briefe, beim bayerischen Innenminister und den anderen Fraktionen. Sie stimmt zu, dass die maximale Menge von 10 Waffen auf die gelbe WBK gerechtfertigt ist, da im Mordfall Lübke, die drei Beschuldigten insgesamt ca. 50 Waffen gehortet haben. Verbote von großen Magazinen, wie sie beim IPSC-Schießen gebraucht werden, betrifft nur das Inland nicht jedoch Wettkämpfe im Ausland. Über die Schwierigkeiten bei den Ausnahmeregelungen sind sie informiert.
Die Abstimmung:
Das Waffenrechts-Änderungsgesetz wurde mit den Stimmen der Koalition CDU/CSU und SPD, gegen die Stimmen der Fraktionen der AfD und der FDP verabschiedet.
Enthaltungen kamen aus den Fraktionen der B90/Grüne und Die Linke.
Abschließend muss sich jeder selbst fragen, ob die oben erwähnten Parteien Unrecht damit tun, Magdalena Neuner, Laura Dahlmeier und Sven Fischer in einen Topf zu werfen mit den Terroristen des Pariser Bataclan-Theaters.
Olympische Medaillenträger wie Henri Junghänel, Barbara Engleder und Christian Reitz haben mit dem Verbrecher Anis Amri nichts gemeinsam. Der ortsansässige Jäger, der für den Weihnachtsbraten sorgt, ist kein verblendeter Islamist und Messerschlitzer. Über Inklusion im Schießsport wird in den meisten Medien genauso wenig berichtet, wie über Auflagen, Schießnachweise, Prüfungen, Waffenschränke, Versicherungen, psychologische Gutachten, Abfragen beim Verfassungsschutz, polizeiliche Führungszeugnisse und Aufgabe der Persönlichkeitsrechte. Das sind alles Opfer, die die meisten von uns in ihrer Freizeit bringen. Wir gehen einem Hobby nach, für dessen Ausübung man uns immer mehr zur Kasse bittet und immer mehr Steine in den Weg legt.
Denn die kürzeren Intervalle zur Überprüfung der Schießstände – wie sie im oben genannten Gesetz vorgesehen sind – tragen weder zur Sicherheit der Bevölkerung, noch zum Schutz vor Terrorismus bei.
Im Klartext: Wer Schießsport in Deutschland betreibt, hat sich, im Gegensatz zu Terroristen und Extremisten, schon lange von seinen Persönlichkeitsrechten verabschiedet. Und die Hauptverantwortlichen dafür hatten noch nicht mal den Anstand gehabt heute im Plenarsaal dabei zu sein.
Die Quelle der Videos sowie deren Rechte liegt beim „Deutschen Bundestag“. Weiterführende Informationen und Links zu den Dokumenten sind hier zu finden: https://www.bundestag.de/mediathek?videoid=7407488#url=L21lZGlhdGhla292ZXJsYXk/dmlkZW9pZD03NDA3NDg4JnZpZGVvaWQ9NzQwNzQ4OA==&mod=mediathek